Haushaltsrede 2021

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats,

wir blicken auf ein turbulentes Jahr 2020 zurück. Einem intensiven Wahlkampf folgten die Neuwahlen zum Stadtrat Weißenburg, die für uns Grüne sehr erfolgreich verliefen. Wir konnten die Anzahl unserer Stadtratssitze von zwei auf vier verdoppeln, ein hervorragendes Ergebnis, auf das wir stolz sind. Wir sehen es als Bestätigung unserer bisher geleisteten Arbeit im Stadtrat, und als Ansporn für unsere weitere Tätigkeit im Quartett mit unseren zwei neu Hinzugekommenen, deren umfangreiches Sachwissen eine willkommene Verstärkung ist. Wir danken herzlich unseren Wählern für das Vertrauen, und unseren Unterstützern für die tatkräftige Hilfe.

Die Corona-Pandemie hat unser Dasein radikal verändert und das öffentliche Leben zweitweise komplett zum Erliegen gebracht. Die Schließung von Kitas, Schulen, Geschäften, Sportstätten, Kultur- und Veranstaltungsorten, die Ausgangsbeschränkungen usw. haben Folgen, an denen wir noch lange knabbern werden, sozial wie wirtschaftlich.

Auch wenn die Einflussmöglichkeiten auf städtischer Ebene gering sind, haben wir Grünen nach Möglichkeiten gesucht, Gastronomie und Kultur zu unterstützen. Unser Antrag, den Gaststätten unbürokratisch und kostenfrei mehr Außenflächen zur Verfügung zu stellen, wurde auf dem Verwaltungsweg umgesetzt. Unser Antrag, den Weißenburger Künstlern und Veranstaltern die städtischen Veranstaltungsorte kostenlos zu überlassen, fand mit dem Kompromiss, 25% der ursprünglichen Mietgebühren als Selbstkostenpreis zu verlangen, eine große Mehrheit im Stadtrat. Beide Anträge werden sich auch bei den kommenden Lockerungen hilfreich bemerkbar machen.

Ein heißes Thema war der Kommunale Wohnungsbau auf dem Gasslabauer-Gelände. Der einseitigen Fokussierung auf dieses Gelände konnten wir nicht zustimmen, da auch eine Mehrheit dafür im Stadtrat nicht in Sicht war. Unser Kompromissvorschlag, erst alle verfügbaren Liegenschaften im Bereich des Osteingangs der Stadt auf verschiedene Nutzungsmöglichkeiten zu prüfen, fand leider keine Mehrheit, obwohl er die Möglichkeit des kommunalen Wohnungsbaus dort beinhaltet hätte. Eine kürzlich stattfindende Prüfung potentieller Grundstücke im ganzen Stadtgebiet hat dann ein städtisches Grundstück am Hohenmühlweg als geeignet gezeigt, dem haben wir gerne zugestimmt. Vorwürfe, wir Grünen würden kommunalen Wohnungsbau verhindern wollen, muss ich daher zurückweisen. Schon Anfang 2019 hatten wir den erfolgreichen Antrag gestellt, bei der Ausweisung neuer Baugebiete Flächen für kommunalen oder sozialen Wohnungsbau zu reservieren, und das Projekt am Birkenweg immer befürwortet.

Im Zuge der Beratungen um den Osteingang der Stadt beantragten wir, wie auch andere Parteien, die Neugestaltung des Plerrers. Der Abbruch der Zettelmeisslgebäude, die Freilegung des Stadtmauerturms und die Entsiegelung und Durchgrünung im gesamten Bereich vom Kino bis zur Roßmühle werten diesen Bereich optisch deutlich auf. Die Schaffung zusätzlicher Parkplätze entlastet die Altstadt vom Parkverkehr zum Vorteil von Fußgängern, Radfahrern und Anwohnern. Leider ist der Beschluss bisher nicht umgesetzt worden, wir nehmen den Oberbürgermeister beim Wort, dass heuer mit den Planungen begonnen wird.

Auch das beschlossene Verkehrskonzept für die Altstadt fehlt noch. Hierdurch sollte mindestens eine Gleichberechtigung der Fußgänger und Fahrradfahrer gegenüber dem Autoverkehr erreicht werden. Ein solches Konzept hatten wir schon im März 2019 beantragt, damals wurde es abgelehnt, um im September 2019, von der Verwaltung fast wortgleich gestellt, dann doch beschlossen zu werden. Auf die Präsentation warten wir allerdings immer noch. Jetzt wurde zum wiederholten Male ein Radwegekonzept beschlossen, das sich mit dem Altstadtverkehrskonzept hoffentlich sinnvoll ergänzt. Die Forderung nach dem Ausbau von Radwegen stellen wir schon seit unserem Einzug in den Stadtrat, siehe unseren Antrag von 2015. Es ist höchste Zeit, dies auch konsequent umzusetzen, und auch Radwege anzulegen, ohne darauf zu warten, dass die entsprechenden Straßen endlich mal renoviert werden.

Wir sehen es als Pflichtaufgabe unserer Stadt, Bürgerinnen und Bürgern unterschiedlicher Zielgruppen und auch unseren Besucherinnen und Besuchern einen attraktiven Nahverkehr zu bieten. Wir beantragten daher im Juni, den ÖPNV in Weißenburg mit einer erhöhten Taktung des Stadtbusverkehrs, der Überarbeitung und Ausweisung weiterer Haltestellen und die Transparenz und Bewerbung des Stadtbusangebots zu verbessern. Auch von anderen Parteien kamen dazu Anträge. Wir freuen uns, dass im Anschluss an die Einrichtung des Rufbusses eine Überarbeitung der Weißenburger Stadtbuslinien erfolgen wird.

Eines unserer großen Anliegen ist der Erhalt und Ausbau des Weißenburger Grüns. Deshalb freut es uns besonders, dass wir die Stadtratskollegen überzeugen konnten, die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle für einen Baumschul- oder Gärtnermeister mitSchwerpunkt Stadtklimatologie / Stadtökologie zu beschließen. Er wird sich zukünftig um klimageeignete Planung, Erhalt, Pflege und Ersatzpflanzung von städtischen Bäumen und Grünanlagen kümmern. Denn der Klimawandel bereitet den Grünflächen der Stadt zunehmend Probleme, allen voran dem Baumbestand. Zusätzlich sind entsprechende Bemühungen zur Unterstützung der Artenvielfalt beim Anlegen und Erhalten der städtischen Grünflächen sinnvoll und notwendig. Die ursprüngliche Absicht, ein Grünamt zu beantragen, in dem die entsprechenden Zuständigkeiten gebündelt zusammengefasst werden, war aus rechtlichen Gründen leider nicht möglich. Wir bitten aber, dies als Vorschlag für die Zukunft zu betrachten.

Ein kurzer Ausblick auf dieses Jahr: 

Wir werden weiterhin dran bleiben, Weißenburg grüner zu machen. So lässt die Begrünung der Weißenburger Industriegebiete sehr zu wünschen übrig. Es gibt keine Grünpläne im Rahmen der Bebauungspläne, das möchten wir ändern. Während einige Unternehmen in Sachen Begrünung ihres Geländes vorbildlich handeln, verwandeln andere ihre Fläche in eine Stein- und Schotterwüste. Grünstreifen, mit Bäumen beschattete Parkplätze, Rasengittersteine usw., hier möchten wir Mindeststandards schaffen.

2020 stellten wir einen Antrag auf Erstellung eines Klimaschutzkonzepts. Wir hatten den Antrag zurückgestellt, um Beratung und Entscheidung darüber dem neuen Stadtrat zu überlassen. Das sollten wir heuer tun, am Klimawandel hat sich durch Corona nichts geändert.
Die Bundesregierung hat in Ergänzung zum Klimaschutzplan 2050 im September 2019 das Klimaschutzprogramm 2030 vorgelegt. Das beinhaltet die Reduktion von Treibhausgasen um 35% im Jahr 2020, um 55% im Jahr 2030 und um 100% im Jahr 2050. Um diese Ziele überhaupt zu erreichen, müssen sich Länder und Kommunen mit eigenen Maßnahmen daran beteiligen. Auch die Stadt Weißenburg sollte ihren Teil dazu beitragen.

Das bestehende Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2010 ist nicht nur bereits 10 Jahre alt, es ist genaugenommen auch nur ein Energieeinsparungskonzept für die öffentlichen Liegenschaften und genügt daher nicht mehr den Anforderungen eines modernen Klimaschutzkonzeptes. Es ist an der Zeit, es zu evaluieren, um zu sehen, ob die damals gesteckten Ziele erreicht wurden und wo aktuell Handlungsbedarf besteht. Ein neues, modernes Klimaschutzkonzept beinhaltet die Bereiche Wärme, Strom, Verkehr und Landwirtschaft. Nach einer Bestandsaufnahme werden die Einspar- und Effizienzpotentiale in den einzelnen Bereichen sowie die Potenziale für die Erzeugung und den Einsatz erneuerbarer Energien ermittelt. Daraus werden dann geeignete Maßnahmen erarbeitet und entsprechende Strukturen geschaffen, die für die Umsetzung sorgen.

Seit Jahren fordern wir Grünen, dass die Stadt Weißenburg mit ihrem großen Waldbesitz im Bereich Wärme- und Stromerzeugung auf Hackschnitzel zurückgreift. Klimaneutralität, kurze Transportwege und der Verbleib der Wertschöpfung vor Ort sind hier wesentliche Argumente.  Die anstehende Erneuerung der Blockheizkraftwerke im Schulviertel bieten eine Chance, die so schnell nicht wiederkommt, und uns auf Jahre hinaus festlegt. Entsprechende Planungen werden bei den Stadtwerken bereits überlegt, das unterstützen wir ausdrücklich.

Im Bereich Kultur möchten wir das Bergwaldtheater nicht aus den Augen verlieren. Die baulichen Anlagen sind längst renovierungsbedürftig, wie bei den Aufführungen des Lebkuchenmannes jedem Beteiligten deutlich bewusst wurde. Schon im Hinblick auf das neue Stück des Stadtschreibers wäre hier dringender Handlungsbedarf. Unser Vorschlag wäre, die Aufstellung von Containern zu prüfen, nicht nur temporär wie schon beim Lebkuchenmann, sondern als feste Einrichtung, siehe die Gaststätte an der Pleinfelder Rodelbahn. Die könnten nach Bedarf und finanziellen Möglichkeiten modular erweitert werden. 

Zum Haushalt selbst:

Der Verwaltungshaushalt ist mit etwa 46.850.000 € annähernd gleichgeblieben, der Vermögenshaushalt mit knapp 19.900.000 € um gute 2,6 Millionen kleiner geworden, ebenso der Gesamthaushalt. Aber dafür, dass keine neuen Maßnahmen begonnen werden, ist er immer noch erstaunlich hoch. Dazu kommen noch Ausgabereste von vermutlich 15 Millionen €. Um alles abzuarbeiten, wird auch das Jahr 2021 nicht ausreichen, das wird noch weit ins Jahr 2022 hineingehen. Für 2022 gehen wir zudem Verpflichtungsermächtigungen über 10,5 Millionen € ein. Wir erleben deutliche Rückgänge bei Gewerbesteuer und den Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer von über 2,5 Millionen €, die heuer durch die Zuweisungen vom Freistaat gut kompensiert werden. Das wird die nächsten Jahre nicht so bleiben. Die Schulden werden heuer um 5 Millionen und auch die nächsten Jahre deutlich ansteigen, da sich die gute Einnahmesituation der letzten Jahre wohl nicht weiter fortsetzen wird. Ich will nichts schlecht reden, wir haben 2020 gut überstanden, und auch der Haushaltsplan 2021 ist darstellbar. Aber wir sollten uns auf eine gewisse Bescheidenheit einstellen.

Wir tun daher gut daran, keine großen neuen Maßnahmen zu beschließen und uns auf das Nötigste zu beschränken, auch weil keiner vorhersagen kann, wie sich die Corona-Krise und damit die Einnahmesituation der Stadt weiter entwickeln. Vor diesem Hintergrund sehen wir das Vorhaben „Erneuerung des Bauhofs“ äußerst kritisch. Diesen Punkt haben wir intensiv diskutiert. Klar, die Gebäude sind in schlechtem Zustand und unökonomisch verteilt, die Arbeitsbedingungen für unsere städtischen Mitarbeiter teils miserabel. Hier herrscht wirklich Handlungsbedarf. Allerdings sehe ich in der momentanen wirtschaftlichen Lage wenig Möglichkeiten, die bei der Führung in den Raum gestellten 12 Millionen € Bausumme aufzubringen, zumal es dafür keine Fördermittel gibt. Hier muss erstmal abgeklärt werden, was am dringlichsten zu machen ist, ob und wie sich die Erneuerung in verschiedene Bauabschnitte unterteilen lässt usw., bevor hier Millionen dafür in den Investitionsplan eingestellt werden. Ein Bauplan, der in 5m Entfernung an einer LKW-Türe hing, und eine ohne weitere Erläuterung in den Raum gestellte Bausumme von 12 Millionen € reichen dafür als Information und Diskussionsgrundlage nicht aus.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, 
zum Schluss unser Dank für die inzwischen wieder sachliche und konstruktive Zusammenarbeit im Stadtrat und den kollegialen Umgang miteinander. Das anfängliche, wahlkampfbedingte Ruckeln im Getriebe hat sich glücklicherweise wieder gelegt.
Wie immer einen großen Dank an Herrn Bender und seine Abteilung für die gewohnt gewissenhafte Erarbeitung des Haushalts. 
Vielen Dank allen Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die freundliche und ausführliche Beantwortung unserer Fragen und den guten Meinungsaustausch. 
Einen großen Dank an die Geschäftsführer der Stadtwerke, die immer bereit sind, unsere „grünen“ Ideen mit uns zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen.
Mein Dank geht auch an die interessierten Bürgerinnen und Bürger, die sich durch Gespräche, Briefe, E-Mails, Leserbriefe usw. für unsere Stadt einsetzen. 

Die Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen stimmt dem Haushalt 2021 zu. 
Dem Investitionsprogramm des Finanzplans stimmen wir nicht zu, aufgrund der unter dem Bauhof (7711) aufgeführten Investitionen für die Jahre 2022,2023 und 2024. Werden diese gestrichen, können wir dem Investitionsprogramm zustimmen.
Wir beantragen daher für TOP Ö 2.6 eine getrennte Abstimmung über Haushaltssatzung und Finanzplan. Maximilian Hetzner für die Stadtratsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen

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